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Und das nennt man dann Glück

Voller Entdeckungen: "Off of Drama Köln" zeigt John Birkes "Open End" im Kölner ARTheater.

VON PETER BACKOF

Die eine liegt erschöpft auf dem Sofa, der andere auf dem Boden. Alle fünf sehen so aus, als hätten sie drei Tage durchgefeiert. Und was machen sie jetzt? Sie planen die nächste Party. Die mit dem Preis für die interessanteste Persönlichkeit. Die mit dem besten Nudelsalat. Die mit den meisten Polizeibesuchen. Und Nachbarn, die sich gestört fühlen, feiern einfach mit.

So weit die Oberfläche. Hier setzt John Birke an - Jahrgang 1981 und Jungstar in der deutschen Theaterlandschaft - in seinem Stück "Open End". Wie in einer modernen "Commedia dell' Arte" treffen hier Persönlichkeitstypen aufeinander. Lea ist die Romantische: Sie träumt davon, auf der Party den Mann ihres Lebens kennen zu lernen. Valerie ist die Sexbesessene: Man könnte das Tablett mit dem Lachs in der Küche als Bett benutzen. Diese Party, die im Stück gar nicht stattfindet, ist das Leben selbst. Die fünf offenbaren, was ihr ganz eigener besonderer Moment, das Beste am Leben ist.

Ein expressives Stück

Und sie planen die Party gemeinsam, werfen Ideen in die Runde. Sie tun dies als originelles Bewegungs-Theater. Die fünf entdecken unter der Regie von Oliver Krietsch-Matzura immer neue Konstellationen untereinander, verrenken sich zu einer "Laokoon-Gruppe". Übereinander gestapelt, zueinander drapiert, leiden sie gemeinsam, sind gemeinsam allein. Das Pathos einer Studenten-WG. Gruppendynamik, die sich immer wieder hochschaukelt, bis sie sich gegenseitig nur noch anschreien. Um gehört zu werden. Sich verstehen und sich nicht verstehen. "Open End" ist ein expressives, ein lautes Stück.

Kann man seinen ureigenen besonderen Moment mit anderen teilen? "Wir-Gefühl", gibt es das überhaupt? Das, was jeden einzigartig macht, ist im Wissen aller schon enthalten und wirkt dann auf den Einzelnen zurück, so die Lösung im Stück. Sei einfach wie du bist, jemand versteht dich - das nennt man dann Glück. Eine lapidare Erkenntnis, von "Off of Drama Köln" hinreißend anschaulich erzählt.

Am Ende schließt sich der Kreis: Sie lümmeln wieder zerstört auf den Sofas herum. Doch das Stück hat mehr geleistet, als nur Jugendkultur abzubilden. "Open End" analysiert Menschen präzise. Allein und in der Gruppe. Das spricht Menschen jedes Alters an.

Kölner Stadtanzeiger vom 03.12.2005

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